Deutsch Filehne




Aufgrund des Versailler Vertrages bildete bei der Stadt Filehne die Strommitte der Netze die Grenze zwischen Deutschland und Polen, und am 18. Januar 1920 um 9 Uhr wurde der polnische Brückenteil hochgezogen. Damit war die Stadt geteilt, aber auf deutscher Seite lagen in der Nähe der Brücke nur wenige Gehöfte: die Strommeisterei, das Schlachthaus, die Grundstücke von Dr. Behm, Gensch, Lochow und Dr. Kaßbaum.
Deutsch waren ferner der Bahnhof Filehne – Nord und der Gutsbezirk Corda/Schloß Filehne. Bei der Öffnung der Grenze wurde im Hause Lochow eine Zollstelle eingerichtet.



Partie an der Nordbrücke


Schon vor der Teilung der Stadt hatten die Handwerksbetriebe Wendlandt und Anklam vom Grafen von der Schulenburg Grundstücke erworben und ihre Betriebseinrichtungen dorthin verlagert. Später siedelten sich deutsche Optanten aus der polnisch gewordenen Stadt als Handwerker und Kaufleute nördlich der Bahn auf von der Herrschaft gekauften Gelände an. Südlich der Strecke entstanden 2 große Baracken, in denen ein Maler, ein Zahnarzt ein Sattler und einige andere eine provisorische Unterkunft fanden. Dem Vorschußverein aus Alt – Filehne, einer Filiale der Schönlanker Apotheke und einer Poststelle wurden Räume von der gräflichen Verwaltung zur Verfügung gestellt.
Als später sich die Neubautätigkeit verstärkte, entstand eine ziemlich geschlossene Siedlung östlich der Chaussee nach Groß Drensen. Die Volksbank, die Post und eine selbständige Apotheke bezogen eigene Gebäude südlich des Bahnhofes.



Provisorische Unterkunft einiger Optanten aus der polnisch
gewordenen Stadt Filehne

In der eigentlichen Siedlung erbaute der Direktor der Volksbank Kittel neben seiner modernen Gaststätte einen geräumigen Saal. Die Zollbehörde errichtete ein größeres Gebäude, in dem das Zollkommissariat untergebracht wurde. Der Kreis sorgte für eine Dienststelle der Strommeisterei. Mehreren Optanten, die in Alt – Filehne Grundstücke besessen hatten, half das Reich durch Entschädigungen beim Aufbau einer neuen Existenz. Für die kirchliche Betreuung sorgten in der Aufbauzeit die evangelischen Pfarrer der Nachbargemeinden und hielten Gottesdienste im Altersheim des Gutes Corda ab.
Für die Katholiken war stets die katholische Kirche in Kreuz zuständig.
Ab 1926 wurde die Bildung einer neuen politischen Gemeinde erwogen. Ein Siedlungsverein bestand schon und hatte engen Kontakt mit der Heimstätte Grenzmark, desgleichen war seit 1923 eine Elektrizitätsgenossenschaft vorhanden. Am 13. 12.1927 wurde Filehne Nord dann selbständige Gemeinde mit dem Namen Deutsch Filehne und Dr. Kaßbaum ihr erster Bürgermeister.



Marktplatz mit Kirche, Haus Schmudlach und langes Haus


Gebietsmäßig bestand der neue Ort aus der Siedlung östlich der Straße nach Groß Drensen, der Gebäudegruppe um den Bahnhof Filehne Nord, den Häusern östlich der Straße Bahnhof-Schloßgärtnerei und der anfangs genannten Gruppe in der Nähe des Netze-Ufers. Zur Dorfgemeinde gehörte auch der Friedhof im Ruhewalde.Bei der Planung der Siedlung war auch ein Marktplatz angelegt worden, an dessen östlicher Seite 1930 eine evangelische Kirche und ein Pfarrgebäude durch den Baumeister Max Zabel errichtet wurden. In das Pfarrhaus zog als erster Seelsorger der Gemeinde Pfarrer Feuerhack ein. Da zuerst kein Schulgebäude vorhanden war, besuchten die Kinder der Siedlung die Corder Schule an der westlichen Straßenseite. Als der Raum für die große Kinderzahl nicht ausreichte, wurde um 1930 eine Baracke mit 2 Klassenräumen gebaut.



Die Volksschule in Corda wurde nach 1920 auch von den Kindern
des entstehenden Ortes Deutsch Filehne besucht


In allen Tagen des Aufbaues und der Hergabe von Land war der Graf von der Schulenburg stets ein großzügiger Berater und Helfer. Das Sägewerk wurde an die Nordseite des Bahnhofs verlegt, um Platz für Siedlungsbauten zu schaffen. In der Nähe des Werkes war auch eine Zweigstelle des Landwirtschaftlichen Ein- und Verkaufsvereins Schönlanke und am Güterbahnhof eine Viehverladestelle vorhanden.
Deutsch Filehne war ein zwar kleines, aber blühendes Gemeinwesen, eine Landgemeinde mit städtischem Charakter. 1930 betrug die Gemeindefläche 290,4 ha, und es wohnten in 51 Häusern bei 135 Haushaltungen 499 Personen, die zu 6/7 evangelisch waren. Bis 1939 stieg die Bevölkerungszahl auf 723 an.

Der Ort sah im August 1939 dem Beginn des Polenfeldzuges mit großer Sorge entgegen.

Der seit 1936 tätige Leiter der Volksbank Heinrich war damals als Nachfolger von Dr. Kaßbaum Bürgermeister der Gemeinde. Als er 1941 zum Wehrdienst einberufen wurde, mußte der 1. Beigeordnete die Ortsverwaltung übernehmen. So wurde derselbe Zeuge der zunehmenden politischen Unsicherheit, der ständig wachsenden Angst vor einem unglücklichen Kriegsende. Nach Angaben der oberen Naziführung sollte keinerlei Gefahr bestehen und im äußersten Notfall nur ein Ausweichen für 3 Wochen ins Auge gefaßt werden. Trotz dieser hohlen Versicherung wurde der Ort durch rechtzeitige Abwanderung immer leerer. Die Ortsverwaltung nahm sich der am Bahnhof stehengelassenen Flüchtlingsfahrzeuge an, um die Restbevölkerung beweglich zu machen.
Am 26 Januar 1945 war es dann soweit, obwohl der mittags anwesende Gauleiter die Gefahr nicht erkannte. Der Flüchtlingsstrom aus dem Osten versiegte plötzlich, und gegen 5 Uhr nachmittags trat die Deutsch Filehner Bevölkerung den Weg in eine ungewisse Zukunft an. Der letzte Pfarrer des Ortes, Buchholtz, wollte bei den wenigen Zurückgebliebenen verbleiben, wurde bald von den Russen, die schon um 3 Uhr in Neuhöfen gewesen waren, abgeholt und ist seither verschollen. Einige Deutsch Filehner Flüchtlinge hatten das Unglück, von den Sowjets überholt zu werden, sie wurden ausgeplündert und wieder zurückgeschickt. Zerstört wurden in Deutsch Filehne die Apotheke, der Kittelsche Saal, die Schule und das Altersheim.

Im Herbst 1945 wurden diejenigen, die nicht für Polen optieren wollten, ausgewiesen.

 


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